Herzlich willkommen auf Aussteiger auf Zeit, mein Blog über meine Reisen. Von 2005 bis 2010 hatte ich mich für ein Leben als Aussteiger auf Zeit entschieden. D.h. im Sommer habe ich ein halbes Jahr in Deutschland und der Schweiz gearbeitet und im Winter war ich auf Reisen in Asien...

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Myanmar (Burma): Thailand wie vor 100 (?) Jahren


Shwedagon Pagode (das Wahrzeichen Myanmars)

Kurzfristig, wie fast immer wenn ich auf Reisen bin, entschied ich mich nach Myanmar (Burma) zu fliegen. Das Visum fuer Myanmar bekommt man innerhalb eines Tages (!) bei der burmesischen Botschaft in Bangkok. Geruechte, wonach das Myanmarvisum nicht einfach zu bekommen ist, gehoeren der Vergangenheit an. Viele Reisefuehrer, Organisationen und die Nobelpreistraegerin Aung San Suu Kyi lehnen eine Reise nach Myanmar ab, weil dadurch die Militaerregierung in Myanmar unterstuetzt wird, bei der Zwangsarbeit, Folter, Vergewaltigung und Zwangsraeumung von Doerfern (fuer touristische Sehenswuerdigkeiten wie z. B. Bagan) an der Tagesordnung sind. Zudem werden die Bodenschaetze Myanmars ohne jegliche Ruecksicht auf Folgen fuer Mensch und Natur ausgebeutet und ueberwiegend nach China exporiert.



Ausblick ueber Yangon

Natuerlich ging ein Teil meines Geldes (Mehrwertsteuern, Visagebuehren, Eintritt fuer Sehenswuerdigkeiten, Zugfahrten) an die Militaerdiktatur, anderseits geht auch ein grossteil des ausgegebenen Geldes an die kleinen Leute, wenn man sich richtig verhaelt. Richtig verhalten heisst einfach ausgedrueckt: kein Geld fuer Pauschalreisen, keine nationalen Fluege, edle Restaurants und Luxushotels in Myanmar ausgeben.

Strassenszene in Yangon




Meine Sachen mussten wieder einmal geflickt werden.

Am
Flughafen in Yangon angekommen (nach Myanmar laesst es sich nur per Flugzeug ein- und ausreisen oder ueber China auf dem Landweg), war ich begeistert: nagelneu, klasse Service (man bekommt sofort eine kostenlose Stadtkarte in die Hand gedrueckt) und aufgrund vieler Security keine nervigen Touts. Auf den Strassen Yangons wird man oefters von Einheimischen angesprochen, die einem aber nichts verkaufen wollen, sondern sich nur freuen einen der wenigen Touristen getroffen zu haben. Myanmar hat derzeit ca. 250 000 Touristen, im Gegensatz zu 15 Millionen in Thailand. Da es im ganzen Land keinen oeffentlichen Strom gibt, produziert jeder seinen eigenen Strom mit droehnenden Generatoren die einem auf dem Gehweg im Weg stehen. Tagsueber wird aus Kostengruenden kein Strom produziert, deshalb haengen an jedem Haus in den Staedten viele Ziehklingeln herunter.


Da die burmesische Regierung praktisch keine Telekommunikationsinfrastruktur zur Verfuegung stellt, bietet auf der Strasse die Schattenwirtschaft ihre Dienste an.


Fahrt mit der dritten Klasse rund um Yangon, bei weiteren Zugfahrten habe ich mich lieber fuer die zweite Klasse entschieden, weil ich wenig Lust hatte, mich zwischen Reissaecke und kackernden Huehnern quetschen zu muessen :-)

Unterwegs in Yangon


In Yangon gibt es viele schöne Bauten aus der Kolonialzeit

Von der burmesischen Geld, Kyat genannt, trage ich immer ein fettes Bündel mit mir rum, weil das Geld sehr wenig wert ist. Die de facto Währung ist aber US Dollar mit dem man praktisch fast überall bezahlen kann, immer vorausgesetzt die Scheine sind in einwandfreiem Zustand.

Panoramfoto vom Inya Lake in Yangon wo die Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi unter Hausarrest steht. Ihre Villa habe ich rot eingekreist.


Ich entschied mich ein wenig abseits von dem ausgetretenen Pfaden (Mandalay, Bagan, Inle Lake) erst einmal nach Moulmein zu reisen. Der staatseigene Myanmar Railway ist im Gegensatz zu dem Bus bequem, man ueberlaesst seim Geld allerdings einer Militaerregierung und in naechster Naehe zu einem wird ein Angestellter der Regierung platziert, der "zufaellig" auch in die gleiche Richtung reist.

In Moulmein
angekommen "musste" ich erst einmal Deutschunterricht fuer eine fleissigen Burmesen erteilen. Ansonsten habe ich natuerlich wie ueberall die Pagoden besichtigt. Ehrlich gesagt interessiert mich mehr die Aussicht von den unzaehligen Pagoden in Myanmar, als die Pagoden selber. Myanmar ist ein Land, wo das Durchschnittseinkommen EUR 2 pro Tag betraegt, es keinen oeffentlichen Strom und an vielen Orten kein fliessend Wasser gibt. Wuerde man nur die Haelfte des Geldes, was fuer religioese Orte ausgegeben wird, in die Infrastruktur stecken, waere Myanmar mit anderen Laendern wie Thailand durchaus konkurrenzfaehig. Auch habe ich bei Spenden lieber ein paar Dollar bei der oertlichen Schule gelassen, als bei den Tempeln. Aber wer erklaert man tiefglaeubigen Menschen, dass Bildung viel wichtiger ist als Religion?


Da ein Grossteil der Haeuser nicht ueber fliessend Wasser verfuegen, wird auch in Moulmein (immerhin neben Yangon und Mandalay die drittgroesste Stadt Myanmars) das Wasser vom Brunnen geholt und verteilt.

Strassenszene in Moulmein


Weiter ging die Reise mit dem Boot nach Hpa An, hier ein Foto von dem Boottrip.

Schulkinder in Hpa an

Mit dem Bus und durch die Gesaenge von den Schulkindern begleitet fuhr ich zum Mount Zwegabin. Dieser Berg bleibt nur stehen, weil sich darauf Pagoden befinden, aber alle anderen Berge der Region wurden ausnahmslos von der ansaessigen Zementfabrik plattgemacht. Im ganzen Land begegnet einem ueberall ein ruecksichtslose Zerstoerung an der Natur durch Abbau von Rohstoffen oder Plantagen. Wer meint, er findet in Myanmar noch ueberwiegend unberuehrte Natur, der irrt sich gewaltig! Das ganze Land ist mindestens so zerstoert wie Thailand oder Malaysien.


Blick vom Mount Zwegabin nach Hpa an, auf der anderen Flusseite befanden sich einmal viele Berge, bevor die Zementfabrik ihre Arbeit aufnahm, hier das Ganze auch auf Youtube.


Panorama vom Mount Zwegabin

Weiter ging es zum Goldenen Fels, der Nr. 1 Pilgerplatz der Burmesen, von dem ich, wie von vielen anderen Orten, ein Filmchen hochgeladen habe. Fuer konfessionslose wie mich ist dieses Ort wenig von Bedeutung, aber fuer die Burmesen ist dieser Platz heilig. Fuer mich war es beeindruckend, wie es alle moeglichen Menschen an den gleichen Ort ziehen kann, vergleichbar einer Reise auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostella.

Scharenweise Pilger unterwegs zum Goldenen Fels


Fahrt mit dem lokalen Bus (ich hatte wieder einmal den Platz auf dem Boden erwischt, obwohl ich eine Reservierung hatte und viel mehr als die Einheimischen zahlte!). Nur auf den Hauptstrecken wie z. B. Yangon nach Mandalay gibt es einigermassen komfortable Touristenbusse, was aber nichts daran aendert, dass die Strassen teilweise aus einer Staubpiste mit Schlagloechern bestehen.


Stop mit dem Bus vor zwoelf Uhr mittags, damit die Moenche noch essen koennen, was ihnen anschliessend nicht mehr gestattet ist.

Weiter fuhr ich in den Norden nach Mandalay. Dort hatte ich erstaunlich offene Gespraeche mit Studenten der Mandalay Universitaet, mit denen ich immer noch in Kontakt stehe. Obwohl man davon ausgehen muss, dass alle Telekommunikation vom Militaer ueberwacht wird, bekomme ich hin und wieder eindeutige Kritik per E-mail gegenueber der Militaerregierung.


Blick auf den Mandalay Hill

Von Mandalay
wollte ich mit dem Boot nach Bagan weiterreisen, da aber bereits die Hitzesaison eingesetzt hatte und das Wasser sehr niedrig war, blieben wir mit dem Boot stecken. Nach ueber 24 Stunden auf dem Boot und keinem Vorankommen, mietet ich mir mit ein paar anderen Reisenden ein privates Boot. So ein unerwarteter Stop hat aber auch sein Gutes, denn es entstanden viele Gespraeche mit Einheimischen und wir machten Halt in einem Doerfchen wo wahrscheinlich noch nie Touristen hingekommen sind.

Auf dem Boot von Mandalay nach Bagan.

Teakholz wird ohne Rücksicht auf die Umwelt für den Export abgeholzt

Die Burmesen besteigen das Boot weil unsere Fähre steckengeblieben ist

Wohnung einer burmesischen Familie irgendwo im Niemandsland zwischen Mandalay und Bagan wo unsere Fähre steckengeblieben ist

In Bagan
angekommen, der kulturellen Hauptstadt Myanmars mit tausenden von Tempeln, mietete ich mir ein Fahrrad, was mir zu einmaligen Trips rund um Bagan verhalf. Ich besuchte einige einsame Doerfer, wo ich mit offenen armen empfangen wurde und hinterlies jeweils USD 20 als Spende fuer die oertliche Schule.

Sonnenaufgang ueber dem Tempeln von Bagan


Die bekannten Tempel sind umringt von Verkaeufern und Bettlern und lauten Touristengruppen, was manchmal nervig sein kann. An den unkannteren Tempeln ist man oefters der einzige Besucher, immerhin stehen ca. 4000 Tempel auf einem Gebiet von ca. 15 x 15 Kilometern zur Auswahl...




Traditionelles Essen in Myanmar fuer ca. ein USD auf der Strasse

Luxusvilla mit Pool am künstlichen See in Bagan



Auch die Einheimischen stroemen zu tausenden aus allen Ecken Myanmars zu den Tempeln von Bagan



Weiter ging es zum Inle Lake, wo die weltweit bekannten Giraffenhalsfrauen wie Tiere im Zoo gehalten werden, um die Touristen in die Souvenirshops zu locken. Es hat meiner Meinung nichts mit Kultur zu tun, wenn man Menschen koerperlich verkrueppeln laesst, vor allem dann, wenn der Brauch nur noch praktiziert wird, um damit Geld zu verdienen. Das Foto entstand im uebrigen im vorbeifahren an einem Souvenirshop.




Marktplatz naehe Inle Lake

Wasserbüffel dürfen sich von der harten Arbeit auf dem Feld im Fluß erholen



Stelzenhaeuser am Inle Lake

Fischer am Inle Lake



Spaetestens nach dem Besuch von den vier touristischen Hauptzielen (Yangon, Mandalay, Bagan und Inle Lake) war ich mir sicher, dass ganz Myanmar kein Nachtleben hat. Selbst in den Touristenhochburgen machen fast alle Bars um zehn Uhr zu. Einzige Alternative im ganzen Land ist der Pioneer Club in Yangon (jeder Taxifahrer kennt ihn!) wo Myanmars Oberschicht bis um drei Uhr morgens feiert. Zweimal statte ich dort als einziger Westler unter einigen hundert Burmesen einen Besuch ab. Ich wurde auffallend freundlich per Handschlag von den Tuerstehern begruesst und kam schnell ins Gespraech mit Einheimischen. Von kritischen Fragen zur Regierung sollte gerade hier, wenn man sich mit der Oberschicht umgibt, verstaendlicherweise dringend abgeraten werden.

Weiter ging die Reise in die in die Hauptstadt Naypyidaw. Mitten in der Nacht wurde ich auf einer achtspurigen Autobahn ohne Autos aus dem Bus rausgelassen und der Fahrer versicherte mir mehrfach, dass ich nun in der Hauptstadt angekommen sei. Kurze Zeit spaeter fand ich einen Motorradfahrer, der mich in die sogenannte Hotelzone in der Hauptstadt brachte. Erst einmal wurde ich ausgefragt, warum ich denn hier bin. Anschliessend verbrachte ich als einziger Gast in einem der zehn Luxushotels fuer USD 100 in einer Privatvialle mit 150 m2, zwei Balkon, kuenstlichem See und allem moeglichen Schnickschack die Nacht.

Das regierungseigene New Light auf Myanmar hetzt gegen die internationale Presse und verbreitet Luegen ueber die scheinbar schnelle Entwicklung in Nay Phi Daw. Hier wurde aber lediglich das mit dem Verkaufe von Rohstoffen und Zerstoerung des eigenen Landes verdiente Geld fuer Prestigeobjekte zum Fenster herausgeschmissen anstatt der eigenen Bevoelkerung zu helfen.

New Light of Myanmar verbreitet Luegen


Luxushotel in Nay Pyi Daw

Am
naechsten Tag mietete ich mir ein privates Taxi fuer USD 15 pro Stunde, um mir diese Geisterstadt anzuschauen. Alles war praktisch menschenleer: die Haeuser, die Geschaefte, die Strassen, einfach alles! Hier hat eine Militaerregierung Millionen von USD verschwendet, um sich ein Denkmal zu setzen! Und im Rest des Landes gibt es Strassen aus Staubpisten, kein oeffentlicher Strom und keine Bildung. Damit dieser Misstand mehr Menschen bekannt wird, habe ich mich entschieden, illegale Filmaufnahmen u. a. von den neuen Ministerien zu machen und diese auf Youtube zu veroeffentlichen!.


Menschenleere Strassen in Nay Pyi Daw, aber vierspurige Autobahnen, fuer wen? Im Moment nur fuer mich :-) Auf Youtube ist hat ein eifriger Google Maps User sogar das Haus von Than Shwe dem obersten General der Junta, ausfindig gemacht.


Warten an der Busstation in Nay Pyi Daw auf meinen Bus nach Yangon

Um
neben der vielen kulturellen und menschlichen Eindruecke noch ein paar Tage am Strand zu entspannen, fuhr ich zum Chaung Tha Beach durch das vom Zyklon Nargis noch immer gezeichnete Ayerawady Delta. Hier verbringen die Menschen, die es in Myanmar zu Geld gebracht haben ihren Urlaub. Leider stellen viele Asiaten, wenn sie Geld haben, ihre Ernaehrung auf westlichen Essen um, was ich wieder einmal an der Fettleibigkeit der dortigen einheimischen Touristen erschreckend feststellen musste.

Moderat touristischer Strand am Chaung Tha Beach
Einen Kilometer vom touristischen Hauptstand entfernt gibt es noch unberuehrte Straende wie auch hier auf Youtube zu sehen.

Von Zyklon Nargis zerstörte und notdürftig reparierte Brücke im Irrawaddy Delta

Unberührte Dschungel im Irrawaddy Delta, leider gibt es nicht mehr viel davon in Myanmar...

Ein wenig Hoffnung haben mit dei Solarzellen und das Windrad am Chaung Tha Beach gemacht. Leider sind beide defekt und werden es wahrscheinlich auch bleiben...